Die Strompreise von morgen – immer eine Frage der Gestaltung

Die Entwicklung des Strompreises hängt von zahlreichen Komponenten ab. Wie ihn unvorhersehbare Ereignisse beeinflussen können, hat der Ausbruch des Ukraine-Krieges nur zu deutlich vor Augen geführt. Und auch wenn der beschleunigte Ausbau von Erneuerbaren-Energien-Anlagen ein tendenzielles Sinken des Strompreises erwarten lässt, müssen doch Faktoren wie der länderspezifische Strommix sowie Steuern, Abgaben und Umlagen berücksichtigt werden. Daher sollen in diesem Blogbeitrag insbesondere die Facetten der Strompreisbildung beleuchtet werden, ohne eine konkrete Prognose abzugeben.

Günstig, weil subventioniert: AKWs und Kohlekraftwerke

In einem im Jahr 2015 – dem Jahr des Pariser Klimaabkommens – veröffentlichten Megatrend-Bericht schrieb die Umweltstiftung WWF „Die Energiewende ist erneuerbar.“ und begründete dies mit den sinkenden Preisen für erneuerbare Energien im Vergleich zu konventionell produziertem Strom. Die vom WWF damals beigesteuerten Zahlen belegten diesen Trend seit dem Jahr 2005. Tatsächlich ist Atomstrom gar nicht so günstig, wie oft behauptet wird. Aufgrund der komplexen Technik und der hohen Sicherheitsstandards amortisieren sich AKWs erst nach 40 Jahren – und das auch nur, wenn sie mit 7.000 bis 8.000 Volllaststunden im Jahr betrieben werden. Gleiches gilt für Braun- und Steinkohlekraftwerke. Parallel sinken die Kosten und Bauzeiten von Ökostromanlagen. Und die Stromgestehungskosten – also die Kosten, die anfallen, um eine andere Energieform in elektrischen Strom umzuwandeln – bleiben über die jeweiligen Abschreibungszeiträume ohnehin weitgehend konstant. Folglich werden in Ländern mit liberalisierten Strommärkten kaum noch konventionelle Kraftwerke gebaut.

Große Unterschiede in der nationalen Strompreisstrategie

Ein Blick in den Verbraucher-Atlas: weltweite Strompreise, zeigt: Deutschland liegt mit 31,8 Euro-Cent pro Kilowattstunde an vorderster Stelle. In Südafrika kostet Strom mit 15,02 Euro-Cent weniger als die Hälfte, die US-Amerikaner müssen gerade mal 12,69 Euro-Cent aufwenden und in China ist der Strom mit 7,3 Euro-Cent praktisch geschenkt. Diese Preisunterschiede hängen mit den national unterschiedlichen Kosten für Strombeschaffung, Netzentgelte sowie Steuern und Abgaben zusammen. In China erfolgen die Stromproduktion und der Netzbetrieb durch den Staat, der folglich auch den Preis zu 100 Prozent reguliert. In den USA müssen die Stromversorger die Preise sowie geplante Erhöhungen mit der staatlichen Aufsichtsbehörde PUC aushandeln. Die Aufgabe, die Existenz der Energielieferanten zu sichern und die Preise im Zaum zu halten, nehmen die regionalen PUCs schon seit 100 Jahren wahr. In Deutschland setzt sich der Strompreis zu 53 Prozent aus Strombeschaffung, Vertrieb und Gewinn, zu 20 Prozent aus den Netzentgelten der Netzbetreiber und zu 27 Prozent aus Steuern, Abgaben und Umlagen zusammen. Insbesondere letztere haben zu einem 45-prozentigem Anstieg der Stromkosten von 1998 bis 2021 geführt. Ihr Anteil ist erst 2022 durch den Wegfall der EEG-Umlage wieder gesunken.

Das Trilemma der EU

Die großen globalen Preisunterschiede zeigen, dass sich die EU in einem Trilemma zwischen Nachhaltigkeitszielen, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit befindet. Die Idee einer Energieunion aus dem Jahr 2015, die einen stärker integrierten, koordinierten und sichereren Energiebinnenmarkt schaffen sollte, scheiterte sowohl an energiepolitischen Differenzen als auch an nationalen Versorgungspräferenzen. Jacopo Maria Pepe, Autor der Studie „Geopolitik und Energiesicherheit in Europa. Wie geht es weiter?“, sieht die dringende Notwendigkeit einer umfassenden zwischenstaatlichen Vereinbarung auf Ebene des Europäischen Rates oder zumindest zwischen den kooperationswilligen Mitgliedstaaten. Lösungsansätze sieht er in der Konzentration auf eine staatlich oder EU-geförderte Energie-Infrastruktur, in pragmatischen Beziehungen zu den USA und China im Energie- und Industriebereich sowie in dem Schmieden neuer, breit angelegter Energie- und Klimapartnerschaften.

Auch preislich mit Zuversicht in die Zukunft

Eine seriöse Strompreisvorhersage ist angesichts der komplexen nationalen und internationalen Gemengelage nicht möglich. Einen Versuch haben die unabhängigen Energieexperten von Energy Brainpool mit ihrem komplex angelegten „Energy Outlook 2050“ dennoch unternommen. Unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Erdgas, der verstärkten Wasserstoffnutzung, der zunehmenden Bedeutung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen sowie des steigenden Strombedarfs gehen sie zwischen 2030 und 2050 europaweit von einem moderaten Anstieg der realen Strompreise aus. In Deutschland wird der strompreisrelevante Ausbau der erneuerbaren Energien bereits durch verschiedene Gesetzesinitiativen gefördert – angefangen beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2023 über das Wind-an-Land-Gesetz (WaLG) und das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) bis hin zum Energieeinsparungsgesetz (ENEG). Unterstützt wird der Ausbau nicht zuletzt von den klimaSUBSTANZ-Anlegern, die mit ihrem Investment ihren Teil zur Strompreissenkung beitragen. 

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